Essen muss Spaß machen und schmecken
Die gesunde, leckere und vor allem abwechslungsreiche Ernährung von Kindern ist eine wichtige Aufgabe. In den vielen Kochkursen mit meiner Zwergenkombüse in verschiedenen Schulen, in Familien und im Familien-Zentrum habe ich immer wieder festgestellt: Essen muss Spaß machen und schmecken, sonst ist es mit der Motivation schnell wieder vorbei und das Interesse erlischt. Für Kinder spielt es keine Rolle, ob die Mahlzeiten gesund sind und ob der Kalorien- oder Nährstoffgehalt gedeckt wird.
Mein Ziel ist es, möglichst viele Kinder für eine vollwertige, gesunde Ernährung zu begeistern und sie durch den praktischen, kreativen Umgang mit Lebensmitteln und viel Spaß in der Küche, an bewusstes „Essen und Trinken“ heranzuführen und sie zum Nachahmen (Nachkochen) anzuregen. Das ist mir auch schon häufig gelungen, wie mir die Kinder immer wieder bestätigen.
Wie können Sie als Eltern das ebenfalls schaffen?
Die Kinder sind Entdecker und lernen vor allem durch Beobachten, Nachahmen und Ausprobieren. Dieses natürliche Verhalten nutze ich. Auch im Familienalltag möchten Kinder mitmachen und mitentscheiden. Das können Sie sich zunutze machen, zum Beispiel beim Einkaufen, Kochen oder Tischdecken. Eltern legen den Grundstein im Ernährungsverhalten der Kinder. Erst später spielen auch Werbung, das Essverhalten von Gleichaltrigen, die Schule und die Medien eine Rolle. Das gemeinsame Kochen gehört, wie auch das Einkaufen und die Mahlzeiten am Familientisch, zu den grundlegenden kulinarischen Aktivitäten, die Eltern ihren Kindern vorleben sollten. Gemeinsame Mahlzeiten stärken den Familienzusammenhalt, machen Spaß und strukturieren den Alltag. Nur in rund der Hälfte aller Haushalte steht täglich eine selbst zubereitete Mahlzeit auf dem Tisch, obwohl 93% der Eltern gemeinsame Mahlzeiten wichtig finden. Solche Muster übertragen sich auf die Kinder. Viele Studien zeigen aber, dass gemeinsame Mahlzeiten davor schützen, dass ein Kind später Essstörungen entwickelt. Wer Zeit findet, die Kinder beim Zubereiten mitmachen zu lassen, hat den Grundstein für bewusstes Essen schon gelegt und die Neugier aufs Kochen geweckt. Kinder sind zufrieden, wenn sie beim Kochen mitmachen dürfen, weil sie dann das Gefühl haben, etwas Wichtiges zu vollbringen.
Die Küche ist ein ideales Lern- und Experimentierfeld. Hier gibt es vieles zu entdecken und zu erforschen. Sie als Eltern können am besten einschätzen, zu welchen Küchenfertigkeiten Ihr Kind in der Lage ist. Fordern Sie es ruhig und trauen Sie ihm etwas zu. Ein entspannter, natürlicher Umgang mit dem Essen ist wichtig. Tipp: Lieber ein „Kinder-Kochtag“ in der Woche, an dem alle Beteiligten Zeit und Ruhe haben -zum Beispiel am Wochenende- als ein täglicher Versuch im hektischen Alltag. Der Spaß sollte immer im Vordergrund stehen! Seien Sie kreativ und gestalten Sie die Mahlzeiten interessant. Kinder lieben Inszenierungen. Für jedes Gemüse, jedes Gericht, lässt sich ein witziger Name finden. Beziehen Sie Ihr Kind mit ein. Neben lustigen Spitznamen können Sie dem Essen auch ab und zu eine etwas andere Erscheinungsform geben. Gestalten Sie zum Beispiel aus einer Salatgurke ein Krokodil. Dekorieren Sie gemeinsam mit den Kindern die Speisen mal ganz anders. Aus einer Frikadelle mit Kartoffelpüree können die Kinder Kartoffelpüree-Schneemänner gestalten. Farbe sorgt für Spaß am Essen. Je bunter die Mahlzeit, umso interessanter für die Kinder. Durch die natürlichen Farbstoffe in etlichen Obst- und Gemüsesorten kann man tolle und gesunde Mahlzeiten kreieren.
Falls dem Kind mal etwas nicht so gut schmeckt, probieren Sie es doch einmal auf einem andersfarbigen Teller. Lassen Sie das Kind einen aussuchen. Denn sogar die Farbe des Geschirrs beeinflusst, wie lecker die Kinder das Essen finden. Besorgen Sie sich interessante Kinder-Kochbücher mit lustigen Bildern. Das regt die Kinder zum Nachkochen an. Suchen Sie die Gerichte gemeinsam aus. Erlauben Sie den Kindern ab und zu mal, mit den Händen zu essen. Kinder lieben Essen, das sie mit den Händen anfassen und eintauchen dürfen. Lassen Sie die Kinder zum Beispiel Äpfel in Stücke schneiden und in einen Joghurt-Dip eintauchen.
Kennen Sie das Spiel „Wir sind die Lebensmittel-Tester!“? Bieten Sie Ihren Kindern unterschiedliche Lebensmittel an. Lassen Sie die Nahrungsmittel von den Kindern in kleine interessante Gefäße füllen und fordern Sie die gesamte Familie auf, ein bisschen von allem zu probieren. Unterhalten Sie sich über das Aussehen und den jeweiligen Geschmack. Riecht die Speise vielleicht auch besonders? Eventuell gestalten Sie ja auch gemeinsam einen Test-Bogen.
Für ältere Kinder sind vielleicht folgende Aufgaben interessant:
- Lerne dein Lieblingsessen selbst zu kochen.
- Bereite ein Gemüse, das unter der Erde wächst mit einem, das über der Erde wächst, zu.
- Koche ein Gericht aus roten, grünen und gelben Lebensmitteln.
Eltern als Ernährungspädagogen?
Kinder sind nicht für das „Familienglück“ zuständig, indem sie all das essen, was die Eltern sich wünschen. Eltern sollten sich nicht als „Ernährungspädagogen“ aufspielen. Eltern sollten stets ein gutes Vorbild sein. Das was dem Kind vorgemacht wird, hat eine größere Wirkung als das, was ihm gesagt wird. Nichts vom Kind verlangen, was man als Eltern selbst nicht einhält. Der Zwang, bestimmte Lebensmittel zu essen, führt zu einer steigenden Ablehnung dieser Lebensmittel. Forschungen haben ergeben, dass eine Zutat bis zu 10 Mal angeboten werden muss, um eventuell zu überzeugen. Kinder hängen sehr an Gewohnheiten und sind gegenüber Ungewohntem extrem misstrauisch. Seien Sie geduldig! Manchmal hilft es auch, die Zubereitung zu variieren. Wenn die Kinder die Speisen allerdings auch nach mehreren Versuchen nicht mögen, sollten Eltern dies akzeptieren. Es ist normal, dass Kinder manche Lebensmittel nicht gerne essen. Kinder lehnen Essen oft ab, wenn Eltern ihnen es als gesund verkaufen. Gesundheit ist ein abstrakter Begriff, der keine Relevanz für sie hat. Kinder können sich noch nicht vorstellen, dass das, was sie jetzt essen, später einmal Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben kann. Kinder würden gesundes Essen viel eher akzeptieren, wenn ihre Eltern ganz selbstverständlich Obst und Gemüse essen, ohne das groß zu kommentieren. Eltern sollten Ihrem Kind das Essen nicht aufdrängen. Lassen Sie Ihr Kind selbst entscheiden, wie viel es isst. Ist das Kind satt, sollte es nicht zum Weiteressen gezwungen werden. Denn nur, wenn es ohne Druck und Zwang essen darf, lernt es, auf die Sättigungssignale des Körpers zu vertrauen. Wichtig: Kommentieren Sie das Essverhalten nicht! Von ständigem Spielen mit Erpressungen wie zum Beispiel: „Wenn du die Bohnen isst, bekommst du einen Nachtisch.“ raten Experten ab. Mahlzeiten verlieren sonst die Normalität. Süßigkeiten sollten nicht als Belohnung eingesetzt werden. Wenn Ihr Kind vorübergehend nur seine Lieblingsspeisen essen will, bleiben Sie gelassen. Es ist normal, dass es zeitweise stark auf seine Lieblingsspeisen beschränkt ist und nicht gerne Neues ausprobiert. Das Fazit ist: Vermitteln Sie Ihren Kindern in Ihrer Vorbildfunktion immer folgende Botschaft: Essen soll Freude machen. Es vertreibt den Hunger, wirkt entspannend und macht meist gute Laune. Dann klappt es fast von alleine.
Gemeinsames Kochen mit Kindern
Tipps, die Eltern Stress ersparen:
- Klein anfangen: Testen Sie mit einfachen Gerichten, was Ihr Kind kann. Erfolg spornt an.
- Zeit einplanen: Großer Hunger oder Zeitdruck führen zu Hektik beim Kochen. Dann sind Reibereien vorprogrammiert.
- Sicherer Arbeitsplatz: Um beim Schnippeln oder Rühren im Topf gut sehen zu können, braucht das Kind einen stabilen Hocker zum Draufstellen.
- Immer die Ruhe bewahren: Wenn etwas nicht gleich klappt, erklären, was falsch läuft und eventuell noch mal vormachen, wie es geht.
- Naschen ist erlaubt: Beim Kochen probieren Kinder oft Sachen, wie etwa Gemüse, die sie sonst nicht essen. Das schult den Geschmackssinn. Fleisch, Kartoffeln, Bohnen etc. sind roh natürlich verboten.
- Gut aufpassen: Eltern müssen am heißen Herd und bei scharfen Messern ihre Kinder unbedingt im Auge behalten. Bei kritischen Arbeitsschritten lieber helfen.
- Loben Sie Ihr Kind, damit die Freude beim Mithelfen bleibt.
- Erfahrungsaustausch nicht vergessen: Was hat dem Kind gefallen, was nicht? Was möchte es als Nächstes kochen?
Viel Spaß beim Kochen mit Ihren Kindern wünscht Ihnen
Sabine Timmermann
Juli 2015
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